
Das Märchen mit der Drainageschicht
Es war einmal vor langer, langer Zeit ein Menschenkind, das Pflanzen liebte und umsorgte. All seine Pflanzen waren gesund und kräftig, dank des Tricks mit der Drainageschicht. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Nicht.
Falls du den Text über den Grundwasserspiegel gelesen hast, dürfte dir Schlauberger*in nicht entgangen sein, dass feines Substrat einen höheren Grundwasserspiegel begünstigt, welcher langfristig schädlich für deine Pflanzen sein könnte. Du könntest auch wissen, dass grobe Bestandteile im Substrat besser sind, da sie den Grundwasserspiegel niedrig halten. Wenn nicht, weißt du es jetzt.
Da klingt der oft und gerne gegebene Ratschlag einer Drainageschicht erst einmal logisch: Grobe Materialen lassen Wasser abfließen und schützen so deine Pflanze. Du haust also Pon, Tonscherben oder irgendwelche Kieselsteinchen in den Blumentopf, klatschst Blumenerde darüber und Ta-Da, das Wasser fließt ungehindert durch den Topf.
Leider nein, leider gar nicht!
Es ist wie in der Psychologie: Wenn etwas zu sehr gewollt oder befürchtet wird, kann es unter Anwendung der falschen Mittel zum genauen Gegenteil führen. Eine gut gemeinte Drainageschicht hat zur Folge, dass der Grundwasserspiegel um die Höhe der Drainageschicht steigt.
Uncool.
Auch wenn grobe Materialien Wasser leichter durchfließen lassen, größere Lufträume im Topf zur Verfügung stellen und weniger Wasserspeicherkapazität besitzen, kannst du von diesen Eigenschaften nur dann profitieren, wenn das verwendete Material Bestandteil eines gut gemischten Substrats ist oder OHNE Beigabe von anderen Zutaten, sozusagen als Mono-Substrat verwendet wird (wie z.B. Pon).
Nicht jedoch, wenn du es isolierst und dadurch als zusätzliches Substrat unter deinem eigentlichen Substrat verwendest. Durch dieses Schichten von Substraten behinderst du das Ablaufen des Wassers, welches sich an den Grenzen dieser Schichten sammelt.
Warum sind Grenzen im Substrat kontraproduktiv?
Kleine Poren feiner Substrate (wie z.B. in Kokosfasern oder normaler Blumenerde) speichern Wasser besser als große Poren gröberer Substratbeigaben (wie z.B. Bims). Während sich diese feinen Poren gierig mit Wasser vollsaugen, geben sie es ungern an die großen Poren ab. Sie teilen einfach nicht gern. Die großen Poren haben gleichzeitig nicht genug Saugkraft, um Feuchtigkeit aus den kleinen Super-Saugkraft-Egos zu ziehen.
Aufgrund dieser gegensätzlichen Eigenschaften kapituliert sogar das Wasser, welches trotz der Druckkraft seines Eigengewichts und der Erdanziehungskraft nicht mehr gleichmäßig aus dem Topf rinnen kann. Es häuft sich an der Grenze zwischen den zwei Komponenten und sammelt sich in der Schicht über der Drainage. Diese bunkert letztendlich so viel Wasser, bis sie schlimmstenfalls komplett vollgesogen und sauerstoffarm ist.
Zu all dem Elend kommt nun auch dazu, dass dein Grundwasserspiegel sich jetzt genötigt fühlt, sich weiter oben im Topf neu aufzustellen. Simsalabim hast du einen höheren Grundwasserspiegel, also eine vergrößerte Danger Zone ohne Sauerstoffsättigung, in der deine Wurzeln ums Überleben kämpfen müssen.
Und die Moral von der Geschicht‘? Drainage schadet gar und hilft dir nicht!
