
Wann es Zeit zum Umtopfen wird
Achtung: Beim Lesen der kommenden Zeilen besteht die Gefahr dein Wissen zu erweitern oder vor lauter Langeweile vom Stuhl zu kippen, weil du eh schon alles weißt. Du könntest auch grundverschiedener Meinung sein, weil du andere Erfahrungen als Plantie gesammelt hast, mit denen du gut fährst. Fair enough. Wir teilen in sämtlichen Inhalten unseres Blogs lediglich unser Know-How, ohne Anspruch auf in Stein gemeißeltes Allwissen, dafür aber mit der Bereitschaft dazuzulernen.
Es gibt, wie für alles im Leben, verschiedene Gründe fürs Umtopfen, aber auch – Achtung Altruismus und imaginierte dramatische Musik – Argumente dagegen. Wie immer scheiden sich auch da die Geister und dennoch sollen hier Aspekte angeführt werden, die du dir überlegen und kontrovers mit anderen Planties diskutieren kannst.
Mhhhh, vielleicht besser nicht…
- direkt nach dem Kauf:
Ein Umgebungswechsel ist oft mit Stress verbunden. So wird die Meinung vertreten, dass einer neu erstandenen Pflanze erst Zeit zum Eingewöhnen und Durchschnaufen gegeben werden sollte. Bitte prüfe deine Neuzugänge dennoch auf Topfgröße (oft viel zu groß, bei nicht ausreichend durchwurzelten Pflanzen), Wurzelschäden und Schädlingsbefall und führe ggf. doch einen Topf- und Substratwechsel durch. - im Winter:
In der kalten Jahreszeit befinden sich viele Pflanzen in ihrer natürlichen Vegetationsruhephase und schenken uns weniger Wachstum – zumindest im grünen Teil der Pflanze. Trockene Heizungsluft und Lichtmangel tun ihr Übriges, außer du besitzt das gängige Equipment und das nötige Budget für die entsprechenden Stromkosten. Daher eignet sich der Frühling aus konservativer Sicht besser für Kickstarts durch neues Substrat. - in Anbetracht der Preise pro Quadratmeter:
Wer durch wild wuchernde Riesenpflanzen langsam Platzmangel verspürt, kann in eine größere Wohnung umziehen, eh klar. Wer aus finanziellen Gründen aber keine Lust hat, noch mehr Miete zu zahlen, sollte wachstumsförderndes Umtopfen in einen größeren Topf von der To-do-Liste streichen. - wenn dir deine Pflanze gerade ihr Glow Up durch Blüten vorführt.
- wenn sie gerade ein neues Blatt schiebt. In beiden Fällen braucht sie ihre Energie für den Vorgang, mit dem sie im Moment beschäftigt ist. Multi-Tasking stresst sie unnötig.
Jippiiiie, los geht’s!
Für alle, die rebellisch obige Punkte ignorieren oder bei denen die Nachfolgenden zutreffen, heißt es:
Blatt & Stiel Substrat gönnen und umtopfen!
Nährstoffmangel
Normalerweise bietet Mutter Natur ihren grünen Schützlingen alles, was sie brauchen. Es herrschen ideale Bedingungen an Luftfeuchtigkeit, Licht, Wärme und Wassergaben. Sämtliche Nährstoffe stehen quasi in einem großflächigen Selbstbedienungsladen zur Verfügung.
Paradiesische Zustände also, die es als Pflanzeneltern nun bestmöglich zu imitieren gilt. Challenge accepted!
Da wir, im Gegensatz zu der natürlichen Umgebung eines tropischen Dschungels beispielsweise, nur mehr oder weniger geschmackvoll eingerichtete Zimmer als Lebensraum bieten können, gilt es, unsere grünen Mitbewohner dennoch zufriedenzustellen. Eine mietfreie Unterkunft und ein löchriger Kunststofftopf reichen da leider nicht aus. Daher heißt es, recherchieren und herausfinden, welche Bedingungen geschaffen werden dürfen, um den Bedürfnissen der einzelnen Pflanzenfamilien gerecht zu werden. Neben den zaghaft angebotenen Gießempfehlungen, dem berühmt berüchtigten „bright, indirect sunlight“, der angenehmen Temperatur von ca. 25°C und der magischen Luftfeuchtigkeitsmarke von 60% aufwärts, geht es vor allem um Eins: Nährstoffe!
Pflanzen nehmen Nährstoffe durch ihre Wurzeln über die Erde auf. Hat diese nichts mehr zu bieten, beginnen die „Hunger Games“.
Zum Ausgleich fütterst du gewissenhaft durch Dünger zu, um ein Auslaugen der Erde abzufedern, aber früher oder später ist auch da ein Punkt erreicht, wo‘s einfach nicht mehr reicht und die Stimmung kippt durch:
- eine Ablagerung von Düngerresten und Stoffwechselprodukten im Substrat, die du an einer weißen Schicht auf der Erde erkennst. Dieser Belag will dir sagen, dass die Erde versalzen ist und die Wurzeln dadurch einen Maulkorb verpasst bekommen haben, der die Nährstoff- und Wasseraufnahme verhindert.
- Durchwurzelung. Spielen die Wurzeln deiner Pflanze Twister, nehmen sie sich gegenseitig den nötigen Raum, entwickeln Futterneid und behindern einander bei der Aufnahme von Nährstoffen.
Also: Schluss mit der Diät und Blatt & Stiel Substrat als Catering-Service deines Vertrauens wählen.
Wachstum
Vier Szenarien, in denen es Zeit wird für neues, nährstoffhaltiges Substrat in einem etwas größeren Topf:
Durchwurzelung aka Topfeffekt:
Luken bereits wunderschöne Wurzeln neugierig aus den Löchern des Blumentopfs oder vielleicht schon an der Erdoberfläche raus? Oder wachsen sie schon rundherum, verflochten wie ein Körbchen?
Dann haben die Wurzeln langsam Platzangst und verlangsamen ihr Wachstum.
Babys werden groß:
Sobald dein Rhizom in der Anzuchterde ausgetrieben ist, Wurzeln und ein Blatt gebildet hat, darfst du ihn in ein Substrat für Große setzten. Gleiches gilt für ausreichend durchwurzelte Stecklinge. Raus aus den Kinderschuhen und rein ins Blatt & Stiel Substrat damit!
Pflanzenwachstum:
Gedeiht das Grün prächtig und groß?
Dann wird die Pflanze manchmal zu kopflastig, verliert ihren sicheren Stand und kippt um. Da hast du dann die Sauerei, darfst kehren und schlimmstenfalls abgeknickte Stiele betrauern.
Einsatz von Rankhilfen:
Möchtest du, in all deiner milden Güte und Großzügigkeit, deine Lieblinge beim Wachsen supporten und spendierst ihnen eine Rankhilfe?
Egal ob DIY oder Marke Selbstgekauft: Moosstab, mit Sphagnummoos gefüllte Gitterrankhilfen und Co. verlangen einen stabilen Stand, den sie stützend an deine Pflanze weitergeben.
Wurzelfäule
Die gruselig gefürchtete Wurzelfäule ist, neben hartnäckigen Schädlingen, die häufigste Todesursache grüner Prestigeobjekte.
Verursacht wird sie durch Erreger wie Pilze und/oder Bakterien, oft auch durch Pflegefehler wie zu lange Trockenheitsperioden oder Übergießen.
So oder so, Wurzelfäule erkennst du:
- am Welken einzelner Triebe
- an Blattverfärbungen (Chlorose)
- an weichen Stängeln
- an einem wackeligen Stand deiner Pflanze
- am eklig modrigen Geruch der Erde
- an Staunässe durch zu häufiges Gießen/ einen zu großen Topf/ falsches Substrat
- an matschigen, oft braunen oder schon schwarzen Wurzeln
Zeigt deine Pflanze diese Symptome, ist es Zeit, deinen Rollenhut als Pflanzen-Doc aufzusetzen und
- die Wurzeln sorgfältig von der alten Erde zu befreien und chirurgisch genau zu prüfen
- abgestorbene, gammelige Teile mit einer desinfizierten Schere zu amputieren
- Ceylon Zimt zur Desinfektion und besseren Wundheilung auf die präzisen Schnittstellen zu sprenkeln
- den Patienten schließlich in Blatt & Stiel Substrat zu betten.
Verschlämmung
Plant Care Day:
Du gießt, all das Wasser staut sich und fließt über. Du wischt es auf und stellst verwundert fest, dass deine Erde noch pupstrocken und steinhart ist.
Diese bildhaft dargestellte Situation deutet auf Verschlämmung hin. Das heißt, deine Erde kann leider kein Wasser mehr speichern. Die Folgen kannst du dir selbst zusammenreimen.
Spoiler Alert: Neues durchlässiges Substrat muss her.
Schädlinge
Substratwechsel bei Schädlingen? Hmmm, nujaaaaa….
Nomen ist Omen: Schädlinge schaden zwar Wurzeln und Blättern, dennoch kann bei festgestelltem Befall erst mal zu bekannten Hausmittelchen, Nützlingen, Neemöl, Stickerfallen oder – in der äußersten Not – auch zur Chemiekeule gegriffen werden. Wer sichergehen möchte, kann einen Substratwechsel in Erwägung ziehen.
Wichtig für alle Safety-first-Anhänger*innen ist hierbei, die alte Erde ordentlich zu entfernen, den Topf zu reinigen und zu desinfizieren, bevor die Pflanze wieder eingetopft wird. Wenn schon, denn schon.
Außerdem
- werden die besten Wachstumseffekte durch Umtopfen im Frühling erzielt.
Als Faustregel gilt, Umtopfen in der Wachstumsperiode ab frühestens Ende Februar bis Ende April. Alle anderen Monate gehen aber, je nach Bedarf, auch klar. - sollten Youngster-Pflänzchen öfter umgetopft werden, um groß und stark zu werden.
- freuen sich ältere, etablierte Pflanzen spätestens alle 1 – 2 Jahre über neues Substrat, für das sie sich mit neuen Blättern bedanken.
- wird gemunkelt, dass gerade bei Pflanzen, die im Sommer das Privileg haben draußen zu stehen, die Abendstunden besser zum Umtopfen geeignet sind, da sie so weniger durch Sonnenstrahlung gestresst werden und ihren Umzug in ein neues Substrat entspannter verarbeiten.
- solltest du eine Pflanze, die jahrelang in einem ganz anderen Substrat (z.B. Blumenerde) stand nicht komplett in völlig neues umsiedeln. Mische lieber ca. ¼ unserer Substratmischung unter ihr vertrautes. So ersparst du ihr den Schock.
Genug der Theorie: Ärmel hochkrempeln und ab in die Praxis! Selbstzweifel? Klicke hier zum Step-by-Step Umtopf-Guide.
